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Einbindung des Flughafens Stuttgart in das Konzept Kopfbahnhof 21

Die Verknüpfung der Verkehrsflughäfen mit dem Schienennetz der Bahn ist ein Grundsatz deutscher Verkehrspolitik. Dadurch sollen sowohl der Zugang mit öffentlichem Verkehrsmittel verbessert als auch Kurzstreckenflüge innerhalb Deutschlands vermieden werden. Die meisten deutschen Flughäfen sind bereits in den achtziger und neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts an ein S-Bahn-Netz bzw. an ein U-Bahn- Netz angeschlossen worden. Relativ neu ist der Anschluss großer Verkehrsflughäfen in Frankfurt, Düsseldorf und Köln an das Fernverkehrsnetz der Deutschen Bahn. Auch für den Landesverkehrsflughafen Stuttgart ist im Zuge des Projekts Stuttgart 21 der Anschluss an das ICE-Netz vorgesehen.



Die Anbindung des Flughafens soll beim Bahnprojekt Stuttgart 21 mittels einer Flughafenschleife und dem Bau eines neuen, unterirdischen Flughafenbahnhofs, der etwa 250 Meter nördlich des bestehenden S-Bahnhofs liegt, erfolgen. Bei Kopfbahnhof 21, dem Alternativvorschlag der Umweltverbände, fehlt diese Direktverbindung und es wird daher befürchtet, dass der Flughafen und die im Bau befindliche Neue Messe schlechter erreichbar sein könnten. Die Anbindung des Stuttgarter Flughafens muss aber nicht notwendigerweise so erfolgen, wie beim Projekt Stuttgart 21 vorgesehen. Nachfolgend soll dargestellt werden, wie beim Alternativkonzept Kopfbahnhof 21 die Erreichbarkeit des Stuttgarter Flughafens über die Schiene wesentlich verbessert werden kann.

Hierzu soll zuerst geprüft werden, welchen Bedarf an Schienenverkehr es am Stuttgarter Flughafen überhaupt gibt. Darauf aufbauend soll ein dem Bedarf angepasstes Angebot entwickelt und die dafür notwendigen Ausbaumaßnahmen dargestellt werden. Im Anschluss soll das Entwicklungspotenzial des entworfenen Konzepts erläutert werden, welches dann mit den aktuellen Planungen im Rahmen von Stuttgart 21 verglichen werden kann. Ziel des Artikels ist es zu zeigen, dass die im Konzept Stuttgart 21 vorgeschlagene Anbindung des Stuttgarter Landesflughafens weder die einzig denkbare noch die optimale Lösung ist.

Bedarf

Der Stuttgarter Flughafen ist ein Flughafen mittlerer Größe mit einer Start- und Landebahn. Vom Passagieraufkommen steht Stuttgart an sechster Stelle aller Flughäfen in Deutschland. Im Umkreis von nur 200 km befinden sich die beiden größten deutschen Flughäfen Frankfurt und München sowie der Flughafen Zürich in der Schweiz. Diese verfügen im Gegensatz zum Flughafen Stuttgart über jeweils zwei Start- und Landebahnen und sind bedeutende Drehkreuze im internationalen Flugverkehr.

Einzugsgebiet des Flughafens StuttgartAbb. 15: Einzugs­gebiet


Die Lage des Flughafens Stuttgart zwischen den drei großen Drehkreuzen schränkt dessen Einzugsbereich ein. Nach einer Prognose von Intraplan im Rahmen des Generalverkehrsplans Baden-Württemberg von 1995 liegt das Passagieraufkommen des Stuttgarter Flughafens auch in Zukunft im Wesentlichen in den Württembergischen Landesteilen (Abb. 15). Bereits in den badischen Landesteilen wirkt die Konkurrenz der Flughäfen Frankfurt, Strasbourg und Basel und neuerdings auch des Regionalflughafens Söllingen (bei Karlsruhe). In der Region Stuttgart sowie in den südlichen Landkreisen Reutlingen, Tübingen, Balingen, Rottweil und Villingen-Schwenningen wird ein Marktanteil von über 90 Prozent prognostiziert. In den östlichen Landkreisen von Ulm bis zum Bodensee sinkt der Markanteil auf 50 Prozent.

Hier steht der Flughafen Stuttgart bereits in Konkurrenz zum Flughafen München und zum Regionalflughafen Friedrichshafen. Will man die Erreichbarkeit des Flughafens über die Schiene verbessern, so muss insbesondere das primäre Einzugsgebiet des Flughafens mit besseren Verbindungen bedient werden.

Welches Angebot ist notwendig?

Der Flughafen Stuttgart ist seit 1992 an die S-Bahn angeschlossen. Zwei S-Bahn-Linien verkehren vom Hauptbahnhof im Halbstundentakt und erreichen in 27 Minuten Fahrzeit den Flughafen. Mit Umsteigen in Stuttgart-Rohr wird die S-Bahn nach Herrenberg erreicht. Die Verknüpfung mit dem Regional- und Fernverkehr geschieht im Hauptbahnhof, wobei längere Umsteigewege zwischen dem Hauptbahnhof oben und der S-Bahn (tief) in Kauf genommen werden müssen.

Vergleicht man das Einzugsgebiet des Flughafens mit dem der S-Bahn, so wird deutlich, dass die Anbindung an das Schienennetz nicht ausreichend ist. Insbesondere für die Regionen außerhalb des S-Bahn-Netzes ist die Erreichbarkeit schlecht, weil der Flughafen wegen seiner exponierten Lage auf den Fildern abseits des historisch gewachsenen Schienennetzes im Neckartal liegt. Für Reisende aus der Region ist zunächst immer ein Zwischenstopp am Hauptbahnhof mit Umstieg in die S-Bahn notwendig. Neben den Unbequemlichkeiten des Umsteigens sind zusätzlich ca. eine ¾ Stunde Fahrzeit bis zum Flughafen einzukalkulieren.

Vorrangiges Ziel der Raumplanung sollte sein, die Landkreise und Regionen, in denen der Flughafen einen hohen Marktanteil hat, mit schnellen Regionalexpress-Zügen direkt an den Flughafen anzuschließen. Dies gilt insbesondere für die Regionen Neckar-Alb und Schwarzwald-Baar, aber auch für die Gebiete, in denen der Flughafen noch einen Marktanteil von über 50 Prozent hält, wie zum Beispiel Unterfranken, Ostwürttemberg und Oberschwaben bis zum Bodensee.

Die Anbindung an den Fernverkehr ist dagegen weniger dringlich. Grund hierfür ist, dass die Halteabstände der ICE-Züge mit ca. 100 km wesentlich größer sind und damit – mit Ausnahme von Ulm – bereits außerhalb des Einzugsbereichs des Stuttgarter Flughafens liegen. Dies gilt für Mannheim ebenso wie für Augsburg. Mannheim und die Region Rhein-Neckar liegen im Einzugsbereich von Frankfurt, Augsburg im Einzugsbereich des Großfughafens München. Es ist nicht zu erwarten, dass der Stuttgarter Flughafen hier ein größeres Potenzial abschöpfen kann.

Ziel der Überlegungen muss es daher sein, im Schienenverkehr eine bessere regionale Anbindung an den Flughafen Stuttgart zu erreichen, weil hier die größten Potenziale liegen und der Verbesserungsbedarf am dringlichsten ist. Als zusätzliche Rahmenbedingung muss die Finanznot der öffentlichen Kassen berücksichtigt werden. Um eine verkehrliche Verbesserung zu erreichen, müssen die Maßnahmen finanzierbar und in einem überschaubaren Zeitraum auch realisierbar sein. Deshalb sollte so weit wie möglich auf die schon bestehende Schieneninfrastruktur zurückgegriffen und diese gezielt ausgebaut werden.

Ausbau der bestehenden Infrastruktur

Schieneninfrastruktur beim Alternativkonzept zu Stuttgart 21Abb. 16: Schienen­infra­struktur/K21


Der Flughafen ist heute über die zur S-Bahn ausgebaute ehemalige Filderbahn an das Schienennetz angebunden. Im Konzept Kopfbahnhof 21 wird vorausgesetzt, dass die Neubaustrecke nach Ulm in der Variante H-Minus realisiert wird, mit einem Anschluss an das bestehende Eisenbahnnetz in Mettingen. Wesentlicher Bestandteil des Flughafen-Konzepts ist eine Querspange zur Neubaustrecke nach Ulm. Dabei wird die Filderbahn ab Haltestelle Flughafen in Richtung Osten parallel zur Autobahn A 8 verlängert und an die ICE-Trasse angeschlossen. Im Bereich von Scharnhausen ist ein Gleisdreieck vorgesehen, das sowohl die Verbindung zur Schnellbahn nach Ulm als auch eine Fahrmöglichkeit in Richtung Neckartal nach Obertürkheim herstellt.

Aus der bestehenden Stichbahn zum Flughafen wird eine durchgehende Strecke, die ganz neue Fahrmöglichkeiten eröffnet. Die Scharnhausener Kurve verbindet den Flughafen über Obertürkheim / Bad Cannstatt mit dem Hauptbahnhof und schafft damit einen durchgängigen Ring zwischen dem Stuttgarter Stadtzentrum und den Fildern. Ergänzt wird dieses Ringbahnsystem durch die Rohrer Kurve, die eine direkte Zufahrt von der Gäubahn zum Flughafen ermöglicht sowie die Wendlinger Kurve, die bei Wendlingen von der Neubaustrecke zur Neckartalbahn abzweigt. Geprüft werden sollte auch die Option einer Esslinger Kurve, die einen direkten Anschluss aus dem Filstal über Esslingen zum Flughafen ermöglichen würde.

Diese Netzergänzungen schaffen eine Vielzahl neuer Verbindungen. Vom Hauptbahnhof bestehen insgesamt drei Fahrmöglichkeiten: über die Gäubahn (westlicher Ring), durch den S-Bahn-Innenstadttunnel sowie über Bad Cannstatt und die Scharnhausener Kurve (östlicher Ring). Im Westen wird die Gäubahn über die Rohrer Kurve erreicht und im Osten besteht ein direkter Anschluss an die Schnellbahn nach Ulm mit einem Abzweig bei Wendlingen ins Neckartal in Richtung Reutlingen und Tübingen. Dieser Ausbau der Infrastruktur ermöglicht es, neue, umsteigefreie und schnelle Linien zum Flughafen und zur Neuen Messe einzurichten. Das vielfältige Potenzial dieses Ausbaus soll nachfolgend anhand von neuen Flughafenlinien erläutert werden.

Neue Flughafenlinien

1 . Erschließung in Ost-West- Richtung



Betrachtet werden zuerst die östlichen Landesteile. Die Stadt Ulm und alle Regionen, die schienenmäßig über Ulm angebunden sind, Ostwürttemberg mit Heidenheim und Aalen, Oberschwaben bis zum Bodensee und zum Allgäu, erhalten mit der Neubaustrecke eine hervorragende Anbindung an die Landeshauptstadt. Da nur ICE3 Fahrzeuge die Neubaustrecke befahren können, empfiehlt es sich, stündlich eine ICE-Linie von Ulm direkt zum Flughafen einzurichten. Vom Flughafen führt der Weg über den Westring zum Hauptbahnhof und von dort über die Neubaustrekke bis Vaihingen/Enz. Ab hier verzweigt sich die Linie: alle zwei Stunden werden Heidelberg und Mannheim erreicht bzw. Mühlacker, Pforzheim, Karlsruhe und Baden-Baden. Damit sind die westlichen und östlichen Landesteile mit einer schnellen ICE-Linie über den Flughafen verbunden.

2. Erschließung in süd-nördlicher Richtung

Besonders wichtig ist die Anbindung der südlichen Regionen Neckar-Alb und Schwarzwald-Baar, weil hier der Flughafen sein größtes Marktpotenzial besitzt. Zwei Bahnlinien erschließen diese Regionen, die Neckartalbahn, die über die Wendlinger Kurve eine Direktzufahrt zum Flughafen erhält und die Gäubahn, die über die Rohrer Kurve angeschlossen wird. Daraus ergeben sich zwei Regionalexpress-Linien: eine von Tübingen/Reutlingen über Nürtingen zum Flughafen und eine von Rottweil (Villingen-Schwenningen, Tuttlingen) über Böblingen zum Flughafen. Vom Flughafen wird die Tübinger Linie über den Westring nach Stuttgart und weiter ins Remstal bis Aalen verlängert, während die Rottweiler Linie über den Ostring zum Hauptbahnhof und weiter nach Heilbronn geführt wird. Beide Linien sollten im Stundentakt verkehren.

Damit sind alle Regionen im Umkreis des Flughafens mit Direktverbindungen angeschlossen. Nur aus dem Filstal wäre ein Umsteigen in Bad Cannstatt in die S-Bahn zum Flughafen notwendig, bis die Esslinger Kurve realisiert ist.

3. Ringbahn für die S-Bahn

Das Scharnhausener Gleisdreieck erlaubt es, die bisher am Flughafen endende Linie S 3 über Obertürkheim und Bad Cannstatt bis zum Hauptbahnhof (oben) zu verlängern. Der Hauptbahnhof wäre damit Endstation der Linie S3, die nach einem kurzen Betriebshalt den gleichen Weg über den Flughafen zurückfährt. Die Vorteile dieser Linie sind der geringe betriebliche Aufwand, die kurze Reisezeit über den Ostring und der Anschluss für Umsteiger im Hauptbahnhof oben.

Die neue Ring-S-Bahn schafft im Nahverkehr eine schnelle Verbindung aus dem Neckartal auf die Fildern. Durch den Ringschluss werden sowohl das Industriezentrum am Neckar als auch die großen Freizeiteinrichtungen (Wasen und Gottlieb-Daimler-Stadion) schneller und besser an den Flughafen sowie an die Neue Messe angebunden als heute.

4. Flughafenbahnhof

Als Flughafenbahnhof soll der bestehende S-Bahnhof beibehalten werden. Da alle Linien durchgebunden werden, mithin kein Kopf-Machen notwendig ist, reicht die Kapazität des bestehenden Bahnhofs aus, um neun Züge je Stunde und Richtung zu bewältigen.

Zudem ist die Lage des Bahnhofs zum Flughafen-Terminal ausgesprochen günstig. Der Bahnhof liegt zwei Ebenen unterhalb des Terminal 1 und ist über Rolltreppen und mit Aufzügen sehr gut erreichbar. Der Flughafenbahnhof mit einer Länge von 250 Metern kann sowohl einen Langzug der S-Bahn als auch einen ICE3- Zug im Fernverkehr aufnehmen. Erst wenn diese Kapazitäten voll ausgeschöpft sind, sollte über einen zusätzlichen Bahnsteig mit zwei Gleisen nachgedacht werden.

5. Bedienungshäufigkeit

Bei dieser Linienbildung würde der Flughafenbahnhof neben den bestehenden SBahnlinien (S 2 und S 3) mit einer ICELinie und zwei RE-Linien angebunden werden. Zwischen dem Hauptbahnhof und dem Flughafen stehen damit stündlich neun statt bisher nur vier Verbindungen je Richtung zur Verfügung. Die bestehenden vier S-Bahnen fahren weiterhin durch den Innenstadttunnel und verbinden Stadtzentrum und Universität mit den Fildern. Die übrigen fünf Fahrten (ein ICE, zwei RE und zwei S-Bahnen, davon zwei Fahrten über den Westring und drei Fahrten über den Ostring) beginnen im Hauptbahnhof oben und verbessern dadurch auch das Umsteigen zum übrigen Schienenverkehr.

Fahrzeiten

Über den Ostring können deutlich geringere Fahrzeiten zum Flughafen realisiert werden als bisher. Obwohl die Strecke nur zwei Kilometer kürzer ist als der Westring, erlaubt die fernbahntaugliche Trassierung eine wesentlich höhere Geschwindigkeit. Bei nur fünf Zwischenhalten wird der Flughafenbahnhof in 19 Minuten erreicht, von Bad Cannstatt aus sind es nur 15 Minuten. Die RE-Züge benötigen ohne Zwischenhalt 13 Minuten, während die Fahrt über den kurvenreicheren Westring mit 19 Minuten bzw. bei Neigetechnik mit 16 Minuten zu veranschlagen ist (Abb. 18).

Trotz der längeren Reisezeit über den Westring würde ein Kopf-Machen im Flughafenbahnhof aus wirtschaftlichen Gründen keinen Sinn machen. Dem Zeitgewinn von nur vier Minuten würde der zusätzliche Aufwand für die notwendigen kreuzungsfreien Ausbauten entgegenstehen.

Für alle Relationen ergeben sich deutliche Fahrzeitersparnisse gegenüber der heutigen Situation, die in Abb. 19 dargestellt sind. Bei der Berechnung werden jeweils die schnellsten Verbindungen des Fahrplans 2005 zuzüglich der oben stehenden Fahrzeiten zwischen Hauptbahnhof und Flughafen zugrunde gelegt. Die Haltezeit im Hauptbahnhof ist einheitlich mit vier Minuten eingerechnet.

Bemerkenswert ist, dass die schnellste Verbindung von Tübingen zum Flughafen heute über die Ammertalbahn führt. Über Reutlingen dauert die Fahrt mit dem IRE bei einem Zwischenhalt dagegen 1:25 h. Bei der ICE-Linie von Ulm ist die Zeitersparnis wegen der Neubaustrecke am größten, nach Heidelberg wegen der bestehenden Schnellbahn und einem Zwischenhalt in Vaihingen/Enz am geringsten. Im Durchschnitt werden auf allen Relationen Fahrzeitersparnisse von 35 Prozent erreicht. Wegen der Vergleichbarkeit mit den Fahrzeitangaben von Stuttgart 21 werden 5 Minuten für den Fußweg vom geplanten ICE-Flughafenbahnhof zum Terminal hinzugerechnet.

Kosten

Zur Realisierung der oben vorgeschlagenen Flughafenanbindung sind im Wesentlichen drei Bauwerke erforderlich:

  1. der Bau einer 11 km langen zweigleisigen Strecke vom Flughafenbahnhof zur Neubaustrecke nach Ulm,
  2. der Bau des Scharnhausener Gleisdreiecks in Richtung Mettingen sowie
  3. der Bau der Rohrer Kurve.

Bei der Abschätzung der Kosten ist zu berücksichtigen, dass die Autobahn unterquert und das Scharnhausener Gleisdreieck kreuzungsfrei und überwiegend im Tunnel realisiert werden muss. Bewertet mit standardisierten Kostensätzen für Tunnel und Streckenausbau ergeben sich Kosten in Höhe von 275 Mio. Euro.

Vergleich zu Stuttgart 21

Vergleicht man die Lösungsansätze des Bahnprojekts Stuttgart 21 mit dem Alternativkonzept Kopfbahnhof 21, dann fällt ein entscheidender Unterschied auf: Stuttgart 21 bindet den Flughafen mit einem Tunnel an, über den der gesamte Verkehr zum Flughafen, auf der Gäubahn und zusätzlich auf der Neubaustrecke abgewickelt werden muss. Wegen der Mischung von langsamen Verkehr und dem Hochgeschwindigkeitsverkehr sind bei dieser Lösung betriebliche Störungen programmiert. Im Falle einer betrieblichen Störung wird der gesamte Verkehr nach Osten und Süden blockiert. Bei Kopfbahnhof 21 erfolgt der Anschluss des Flughafens über einen Ring mit zwei Zufahrten, auf denen die Verkehre gleichmäßig verteilt sind. Die Schnellbahnstrecke wird nur in dem kurzen Abschnitt Mettingen – Scharnhausener Dreieck mit drei zusätzlichen Fahrten je Stunde und Richtung belastet.

Zudem tangiert der überregionale Fernverkehr auf den Hauptachsen nach Ulm und auf der Gäubahn nach Süden den Flughafen nicht. Dadurch entstehen im Gegensatz zu Stuttgart 21 für die Reisenden, die nicht zum Flughafen wollen, keine Reisezeitverluste.

Ein weiterer Unterschied ist, dass Stuttgart 21 einen zweiten Bahnhof am Flughafen benötigt, während Kopfbahnhof 21 mit dem vorhandenen Flughafenbahnhof auskommt. Der bei Stuttgart 21 geplante unterirdische ICE-Bahnhof liegt ca. 250 Meter nördlich des Terminal 1. Für den Reisenden bedeutet dies lange Umsteigewege mit entsprechendem Zeitverlust. Die häufig zitierten acht Minuten Fahrzeit vom Hauptbahnhof sind darum nur die halbe Wahrheit, denn es muss eine Wegezeit von etwa fünf Minuten hinzuaddiert werden. Dagegen kommt der Reisende beim Konzept Kopfbahnhof 21 immer im Flughafenbahnhof an und gelangt mittels Rolltreppe oder Aufzug direkt ins Terminal.

Die beiden Bahnhöfe am Flughafen erschweren auch ein einfaches Umsteigen aus Richtung Ulm nach Böblingen und umgekehrt. Die komplizierten Übergänge verhindern auch, dass der Flughafenbahnhof sich zu einem Knotenbahnhof für Filderstadt entwickeln kann. Wahrscheinlicher ist, dass die Fahrgäste bis Hauptbahnhof durchfahren und dort umsteigen, weil es bequemer ist. Bei Kopfbahnhof 21 dagegen ist das Umsteigen aufgrund des Mittelbahnsteigs in beide Richtungen am gleichen Bahnsteig möglich. Der Flughafenbahnhof wird zu einem echten Knotenbahnhof, in dem ICE und RE-Linien mit der S-Bahn optimal verknüpft werden.

Nicht zu übersehen ist auch der wirtschaftliche Aspekt. Da bei Stuttgart 21 an dem neuen unterirdischen Flughafen-Bahnhof nur ein ICE von bzw. nach Ulm und ein RE von bzw. nach Tübingen halten wird, ist der Bahnhof mit vier Halten pro Stunde sehr schlecht ausgelastet. Wegen der hohen Unwirtschaftlichkeit wollte die Deutsche Bahn AG diesen Bahnhof ursprünglich nicht bauen. Nur durch einen Zuschuss von 50 Mio. Euro von Seiten der Flughafengesellschaft bzw. deren Gesellschaftern (Land Baden-Württemberg und die Stadt Stuttgart) wurde diese Planung weiterverfolgt.

Zusammenfassung

Die im Rahmen von Stuttgart 21 vorgeschlagene Anbindung des Stuttgarter Landesflughafens mittels einer direkten Führung der Neubaustrecke über den Flughafen ist nicht die einzig mögliche Variante – und auch nicht die beste. Wegen der starken Vermischung von Fernverkehr und Regionalverkehr kann dies nur ein „fauler“ Kompromiss sein, der im betrieblichen Alltag zu Störungen und Behinderungen führt. Es ist daher sinnvoll, die unterschiedlichen Funktionen, den Ausbau der Magistralen Mannheim – München und die Erschließung des Einzugsgebiets des Flughafens über die Schiene zu trennen und effiziente Lösungen zu erarbeiten.

Beim Alternativkonzept Kopfbahnhof 21 ist eine vollwertige Anbindung des Flughafens an das Schienennetz der Deutschen Bahn möglich. Anstelle des heutigen Endbahnhofs entsteht ein Knotenbahnhof auf den Fildern, in dem am gleichen Bahnsteig in alle Richtungen umgestiegen werden kann und der einen optimalen Zugang zum Terminal bietet. Auf die wenig kundenfreundliche Zwei- Bahnhof-Lösung am Flughafen bei Stuttgart 21 kann verzichtet werden. Eine ICE-Linie und zwei RE-Linien stellen stündlich direkte Verbindungen zu allen Landesteilen her. Mit der Ring-S-Bahn wird eine zusätzliche schnelle Verbindung zum Flughafen und zur Neuen Messe angeboten, die in Stuttgart Hauptbahnhof oben beginnt und insbesondere das Umsteigen erleichtert. Auch für Fahrgäste aus dem Filstal kann die Reisezeit spürbar gesenkt werden. Die Kosten der Alternative sind deutlich geringer als bei Stuttgart 21, weil bei Nutzung der vorhandenen Infrastruktur und mit wenigen Netzergänzungen ein optimales Bedienungskonzept gefahren werden kann.

Klaus Arnoldi