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Die Alternative von BUND und VCD: Kopfbahnhof 21 mit Flughafen­anbindung

Fotomontage der Modernisierung des Kopfbahnhofes
Abb. 8: Foto­montage

Mehr als 80 Jahre ist der Stuttgarter Hauptbahnhof in Betrieb und bis auf den Ausbau der S-Bahn in den achtziger Jahren kaum verändert worden. Der Bahnbetrieb hat sich seit der Inbetriebnahme jedoch grundlegend verändert. Statt dampfbetriebener Züge fahren heute überwiegend moderne elektrische Triebwagenzüge. Im Fernverkehr dominieren die schnellen ICE-Züge und im Nahverkehr verkehren moderne Triebwagen in einem dichten Takt. Es ist daher berechtigt zu fragen, ob der bestehende Kopfbahnhof mit vertretbarem Aufwand technisch soweit modernisiert werden kann, dass er den Anforderungen des Bahnbetriebs im 21. Jahrhundert gerecht wird.

Im Fernverkehr geht es um die Verbesserung des Betriebsablaufs bei den durch­gehenden Intercity-Linien. Verzögerungen durch Zugkreuzungen oder durch enge Weichenfahrten müssen ausgeschlossen werden. Im Nahverkehr muss ein dichter Takt bewältigt und eine gute Verknüpfung der Linien untereinander und zum Fernverkehr hergestellt werden. Der Kopfbahnhof sollte in der Lage sein, einen Integralen Taktfahrplan nach Schweizer Vorbild zu bewältigen. Hierzu müssen die Kapazitäten der Bahnsteiggleise und der Zulaufstrecken ausgebaut und optimal aufeinander abgestimmt werden. Die notwendigen Ausbaumaßnahmen bilden das Konzept Kopfbahnhof 21.

Ausbau der Zulaufstrecken

Aktuelle Gleisplan
Abb. 9: Aktuelle Gleis­plan

Zu Beginn der Überlegungen muss die Lage des Stuttgarter Hauptbahnhofs im Netz betrachtet werden. Neben der Ost- West- Magistralen (Mannheim – München) gehen von Stuttgart weitere acht Regionalstrecken aus, die in die Planungen einbezogen werden müssen.

Im engeren Planungsbereich zwischen Feuerbach und Bad Cannstatt laufen heute aus drei Richtungen insgesamt fünf zweigleisige Strecken, somit zehn Streckengleise auf den Stuttgarter Bahnhof zu. Aus nordwestlicher Richtung kommen zwei zwei­gleisige Strecken von Feuerbach, von Osten kommt ebenfalls eine viergleisig ausgebaute Bahnlinie aus Bad Cannstatt und von Süden (Böblingen) die zwei­gleisige Gäu­bahn. Auf diesen zehn Gleisen muss der gesamte Verkehr aus neun Richtungen mit 20 Linien des Fern- und Regionalverkehrs abgewickelt werden (siehe Abb. 7 ). Zur Steigerung der Leistungsfähigkeit des Hauptbahnhofs muss auch die Kapazität dieser Zulaufstrecken erhöht werden.

Die beiden zweigleisigen Strecken von Feuerbach werden im Linienbetrieb befahren, wobei die nördlichere dem Fern- und dem schnellen Regionalverkehr und die südlichere dem übrigen Regionalverkehr und der S-Bahn dient. Zwischen den beiden Strecken wird die Gäubahn eingleisig eingefädelt. Der viergleisige Abschnitt nach Bad Cannstatt besteht ebenfalls aus zwei nebeneinander liegenden Strecken, von denen die südlichere im Mischbetrieb von Fern- und Regionalverkehr und die nördlichere im Mischbetrieb von Regional- und S-Bahn-Verkehr genutzt wird. Dieser Streckenabschnitt ist mit 309 Zugen (Fahrplan 2001 ohne S-Bahn) starker belastet als der Abschnitt von Feuerbach (249 Züge).

Der Stuttgarter Hauptbahnhof ist somit ein zweifacher Kopfbahnhof, wobei der östliche Bahnhofsteil an die Fernverkehrsgleise und der westliche Teil vorrangig an die Regionalgleise angeschlossen ist. Seit dem Bau der S-Bahn fahren die S-Bahn-Züge über die Gleise des Regionalverkehrs. Da die S-Bahn-Züge in den unter­irdischen Tunnel­bahnhof geleitet werden, ist der westliche Teil des Haupt­bahnhofs heute weniger stark belastet und verfügt über größere Kapazitätsreserven.

Zur Leistungssteigerung müssen die heute bestehenden Engpässe in den Zulauf­strecken beseitigt werden. Aus diesem Grund muss der am stärksten belastete Abschnitt zwischen Hbf und Bad Cannstatt durch den Bau zweier zusätzlicher Gleise erweitert werden. Der Ausbau auf sechs Gleise ermöglicht es, den Verkehr in diesem Abschnitt neu zu ordnen, wobei der Fern- und Regional­verkehr entmischt wird und die S-Bahn auf einem eigenen Gleiskörper verkehren kann. Damit würde auch den Anforderungen der DB Netz hinsichtlich der Trennung von schnellen und langsamen Verkehrsarten (Konzept Netz 21) entsprochen und die Betriebsqualitat verbessert werden. Ergänzt wird dieser Ausbau durch die Modernisierung des Signalsystems, um kürzere Zugfolgen bzw. einen dichteren Takt zu erzielen.

Bei der Neuordnung der Zulaufstrecken wurde sich folgende Anordnung ergeben:

1. Von Feuerbach:

  1. Zweigleisige Fernbahn für Fernverkehr von/nach Mannheim und schnellen Regionalverkehr
  2. Zweigleisige S-Bahn für S-Bahn-Linien 4, 5, 6 und RB-Verkehr

2. Von Süden:

  1. Zweigleisige Gäubahn für Fernverkehr von/nach Zürich, Regionalverkehr Schwarzwald, Bodensee

3. Von Bad Cannstatt:

  1. Zweigleisige Fernbahn für Fernverkehr von Ulm, schnellen Regionalverkehr (IRE)
  2. Zweigleisige Regionalbahn für Regionallinien nach Tübingen, Göppingen, Aalen, Crailsheim
  3. Zweigleisige S-Bahn für die S-Bahn-Linien 1, 2 und 3

4. Abstellbahnhof:

  1. Vier Verbindungsgleise

Nach dem Ausbau der Zulaufgleise wäre der Kopfbahnhof in beiden Richtungen mit jeweils sechs Streckengleisen verbunden, wobei in Richtung Feuerbach die Gleise der Gäubahn mitgezählt werden. Die S-Bahn von Bad Cannstatt erhält eine eigene Vorrangtrasse und wird wie heute parallel und richtungsgleich in den S-Bahn-Tunnel zum Tiefbahnhof geführt. In Richtung Cannstatt liegt die S-Bahn-Trasse zwischen den Regionalgleisen, so dass S-Bahn und Regionalbahn im Richtungsbetrieb betrieben werden.

Neues Gleisschema
Abb. 10: Neues Gleis­schema

Im Ergebnis ist jedes Streckengleis von Bad Cannstatt (ohne die S-Bahn) mit einer Gleisgruppe und jeweils vier Bahnsteiggleisen verbunden. Das Regionalgleis aus Bad Cannstatt wurde in die Gleisgruppe A (Gleis 1-4) einmünden, aus der Gleisgruppe B (Gleis 5-8) wurde das Gegengleis nach Bad Cannstatt abgehen. Zwischen beiden Gleisgruppen liegt die Rampe zum S-Bahnhof (tief). Das Fernverkehrsgleis von Bad Cannstatt führt in die Gleisgruppe C (Gleis 9-12), in der Gegenrichtung ist die Gleisgruppe D (Gleis 13-16) nach Bad Cannstatt angebunden ( Abb. 10 ).

Die Gleise der Gäubahn bleiben in ihrer Lage unverändert und werden zwischen der Gleisgruppe B und C eingefädelt. Bei Einfahrt in Gleisgruppe B ist eine kreuzungs­freie Ausfahrt in Richtung Bad Cannstatt und bei Einfahrt in Gleisgruppe C eine kreuzungsfreie Ausfahrt in Richtung Feuerbach möglich. In Gegenrichtung können Züge aus der Gleisgruppe C und B in die Gäubahn ausfahren. Aus diesem Grund sind die Zufahrten nach B und C mehrgleisig ausgelegt und der heute nur ein­gleisige Anschluss der Gäubahn wird erweitert.

Eine Besonderheit besteht in Richtung Feuerbach. Wegen der nur viergleisigen Strecke von Feuerbach ist hier eine systemreine Trennung der Verkehrsarten (Fern-/Regionalverkehr/ S-Bahn) nicht möglich. Beim Konzept Kopfbahnhof 21 wird unterstellt, dass der überwiegende Teil des schnellen Regionalverkehrs wie bisher über die Ferngleise von/nach Feuerbach abgewickelt wird. Aus diesem Grund sind die Gleisgruppen A und B vorrangig an die Ferngleise von/nach Feuerbach angebunden. Regionalzüge aus Bad Cannstatt fahren durch den neuen Rosensteintunnel in die Gleisgruppe A ein.

Die Ausfahrt in Richtung Feuerbach erfolgt auf dem vorhandenen Verbindungsgleis zum Abstellbahnhof und einer neu zu bauenden Rampe zum Ferngleis. In der Gegen­richtung wird der Regionalverkehr nach dem Pragtunnel vom Ferngleis aus­gefädelt und in die Gleisgruppe B geleitet. Die Ausfahrt nach Bad Cannstatt erfolgt über das Regionalgleis. Die Gleisgruppe A ist aber auch an die S-Bahn-Gleise von Feuerbach angeschlossen, wobei hier wegen der geringeren Belastung auf eine durchgehend niveaufreie Anbindung verzichtet werden kann.

Neuordnung des Gleisvorfelds

Mit der Neuordnung der Verkehrsströme auf den Zulaufstrecken und der klaren Zuordnung der Streckengleise zu den Gleisgruppen ist ein wesentlicher Schritt für eine Leistungssteigerung getan. Als nächstes ist auch die Zufahrt zu den Bahn­steig­gleisen so auszubauen, dass parallele Ein- und Ausfahrten möglich sind. Hierzu ist das Gleisvorfeld mit „höhenfreien Kreuzungsmodulen“ auszustatten (siehe Abb. 6 ). Jedes Streckengleis erhält eine zweifache Anbindung an die Bahnsteig­gleise, wobei das zugehörige Ausfahrtsgleis kreuzungsfrei überbrückt wird. Die bestehenden Überwerfungsbauwerke müssen teilweise ersetzt und die Unterführungen aufgeweitet werden. Diese Maßnahmen sind hinsichtlich ihrer Baudurchführung sicher die schwierigsten, aufgrund der Raumverhältnisse jedoch machbar.

Die übrigen Überwerfungsbauwerke für den Rechts-/Linkswechsel und die Kreuzung der Gegengleise sind – wie beschrieben – im sogenannten „Tunnelgebirge“ bereits vorhanden.

Nach dem Umbau besteht für den Fernverkehr aus Mannheim folgende Fahr­möglichkeit: Von Feuerbach kommend wird zuerst das Gegengleis (wegen des Seitenwechsels) unterfahren und darauf werden sowohl die Verbindungsgleise zum Abstellbahnhof als auch sämtliche Gleise der Gegenrichtung von Bad Cannstatt überbrückt. Anschließend verzweigt das Gleis in die beiden Zufahrten, die direkt auf Gleis 13 bzw. 16 führen, wobei sowohl das in der Mitte liegende Ausfahrtsgleis, als auch das Verbindungsgleis zum Abstellbahnhof niveaufrei überfahren werden. So bestehen immer zwei Einfahrmöglichkeiten in die Gleisgruppe D (Gleise 13 – 16), die alternativ immer eine Ausfahrt nach Bad Cannstatt offen lässt.

Optimierter Gleisplan
Abb. 6: Optimierter Gleis­plan mit höhen­freier Kreuzung

Hinsichtlich der Gleis­gruppe A (Regionalgleis von Bad Cannstatt) ist der kreuzungsfreie Umbau des Gleis­vorfelds entsprechend dem Gleis­schema aus Abb. 6 aufgrund der Raum­verhältnisse nicht möglich.

Dies ist aber auch nicht notwendig, da diese Gleisgruppe auch in Zukunft weniger stark belastet ist als die übrigen Gleisgruppen. Bei der Ausfahrt eines Zuges aus Gleis 1 in Richtung der Ferngleise nach Feuerbach ergeben sich kurzzeitig Fahrweg­ausschlüsse für einfahrende Züge aus Bad Cannstatt. Dieser Mangel wird dadurch kompensiert, dass die Gleisgruppe zusatzlich über drei Anschlüsse an die S-Bahn bzw. Regionalgleise von Feuerbach angebunden ist. Wegen der geringeren Auslastung dieser Gleisgruppe eignet sie sich daher auch für Bahnsteigwenden von Zügen aus Tübingen, Aalen oder Heilbronn.

Gleisplan Kopfbahnhof 21
Abb. 11: Gleis­plan Kopf­bahn­hof 21

Ein konkreter Vorschlag für einen Gleisplan ist in Abb. 11 dargestellt. Aus Gründen der Übersicht sind nicht alle Weichen­verbindungen dargestellt. Zur Erhöhung der betrieblichen Flexibilitat sind zusätzliche Weichen­verbindungen zwischen den Gleisgruppen vorzusehen.

Bei der Durchbindung vieler Linien verliert der Abstellbahnhof an Bedeutung, weil die Züge an den jeweiligen Endpunkten. beispielsweise Tübingen oder Heilbronn abgestellt und gewartet werden oder am Bahnsteig wenden. Trotzdem ist die Existenz eines Abstellbahnhofs unmittelbar beim Hauptbahnhof von Vorteil, da weiterhin viele Linien in Stuttgart beginnen oder enden.

Aus diesem Grund wird jede Gleisgruppe mittels eines Verbindungsgleises direkt an den Abstellbahnhof angebunden. Ein Verbindungsgleis je Gleisgruppe ist ausreichend, weil beispielsweise die von Norden kommende Zuge, die in Stuttgart enden, aus Gleisgruppe D abgestellt werden, während in Stuttgart eingesetzte Züge nach Norden in der Gleisgruppe C bereitgestellt werden, so dass auch für die Verbindungsgleise ein Richtungsbetrieb dominierend sein wird.

Notwendige Umbaumaßnahmen

Da viele der notwendigen Kreuzungsbauwerke in Stuttgart bereits vorhanden sind, sind zur Optimierung des Kopfbahnhofs nur wenige Aus- oder Umbaumaßnahmen erforderlich:

  1. Bau des 5. und 6. Gleises von Cannstatt zum Hbf. Hierzu ist der Neubau einer zweigleisigen Neckarbrücke westlich der bestehenden Brücke, der Bau eines neuen Rosensteintunnels (Länge 1.100 m) und der Anschluss an den S-Bahn-Tunnel zur Stadtmitte erforderlich. Desweiteren ein Neubau (Verschiebung) der S-Bahn-Gleise ab Nordbahnhof auf den freien Gütergleisen.
  2. Anbindung der Gleisgruppen A und B an die Fernverkehrsgleise aus bzw. in Richtung Feuerbach. Hierzu ist der Bau einer Rampe am Abstellbahnhof erforderlich.
  3. Bau neuer Überwerfungsbauwerke für eine kreuzungsfreie Ein- und Ausfahrt von den Fernverkehrsgleisen in die Gleisgruppen C und D,
  4. Erneuerung der Bahnsteighalle und Neubau einer Fußgängerunterführung im hinteren Bereich der Bahnsteige.
  5. Ertüchtigung des Signalsystems für eine dichtere Zugfolge.

Die Umbaumaßnahmen sollten mit dem Bau der beiden zusätzlichen Gleise von Bad Cannstatt zum Hauptbahnhof beginnen. Dadurch wird ein Kapazitätsengpass beseitigt und gleichzeitig werden Reserven für den weiteren Umbau geschaffen.

Der Umbau des Gleisvorfeldes sollte abschnittsweise von der Ostseite bis zur Westseite erfolgen. Dabei werden die umfangreichen Abstellanlagen für den früher notwendigen Lokwechsel zurückgebaut. Anschließend werden die 16 Gleise des Kopfbahnhofs in vier Gruppen zu je vier Bahnsteiggleisen gegliedert und die Fahr­straßen mit den notwendigen Weichen­verbindungen neu aufgebaut.

Die Modernisierung des Bahnhofs selbst umfasst den Bau einer neuen vierteiligen Bahnhofsüberdachung, die architektonisch die Gleisgruppen markiert, und den Bau einer neuen, breiteren Unterführung im hinteren Drittel der Bahnsteige zur Verkürzung der Umsteigewege.

Leistungsfähigkeit

Auf den Fernbahngleisen von Feuerbach wird eine maximale Zugfolge von 24 Zügen pro Stunde in der Hauptverkehrszeit – das entspricht einer Zugfolge von 2,5 Minuten – unterstellt. Nach dem Pragtunnel wird hiervon jeder vierte Zug, insgesamt also sechs Züge pro Stunde und Richtung in die Gleisgruppe B abgezweigt. Die daneben liegenden S-Bahngleise sind mit drei Linien (S4, S5 und S6) belegt. In der Hauptverkehrszeit verkehren hier je Richtung zwölf S-Bahn-Züge und bilden damit einen Viertelstundentakt auf allen Linien, bei einer Zugfolge von fünf Minuten im Abschnitt Zuffenhausen – Hauptbahnhof. Denkbar ist, dass dieser Takt durch einzelne Züge noch verdichtet wird. Angenommen wird, dass der Zulauf von den S-Bahn-Gleisen und von der Gäubahn jeweils sechs Züge je Stunde und Richtung beträgt.

In Richtung Bad Cannstatt wird die Streckenbelastung durch den Bau zusätzlicher Gleise für den S-Bahn-Verkehr deutlich entspannt. Für den Fern- und Regional­verkehr stehen jeweils zwei Gleise pro Richtung zur Verfügung, die mit ca. 18 Zügen in der Hauptverkehrszeit noch gewisse Reserven aufweisen. Ab Bahnhof Bad Cannstatt entspannt sich die Betriebssituation weiter: sowohl in Richtung Plochingen als auch in Richtung Waiblingen stehen jeweils vier Gleise zur Verfügung, die den gesamten Verkehr einschließlich der S-Bahn aufnehmen.

Aufgrund dieser angenommenen Zugzahlen wird der Westteil des Kopfbahnhofs (Regionalteil) mit bis zu zwölf Zügen je Stunde und Richtung belastet, während der Ostteil (Fernverkehr) mit bis zu 18 Zügen pro Stunde und Richtung ausgelastet wird. In der Hauptverkehrszeit können in den modernisierten Kopfbahnhof 30 Züge je Stunde und Richtung, das heißt insgesamt 60 Züge je Stunde ein- und ausfahren. Für die beiden Relationen Feuerbach und Bad Cannstatt ergibt dies insgesamt 120 Zugbewegungen – Ein- und Ausfahrten je Stunde. Die Tagesleistung beträgt bei vier Stunden Hauptverkehrszeit und zwölf Stunden Nebenverkehrszeit mit halber Auslastung 1.080 Züge pro Tag (ohne S-Bahn-Verkehr).

Die hohe Leistungsfähigkeit erlaubt die Einrichtung eines Vollknotens im Zuge eines Integralen Taktfahrplans (ITF). In diesem Fall konzentrieren sich die Ein- und Aus­fahrten auf die Knotenzeiten zur vollen und halben Stunde. Ein ITF erfordert im Knoten eine hohe Zugdichte und große Bahnsteigkapazitäten. Bei vier parallelen Einfahrten und einer Zugfolge von 2,5 Minuten können innerhalb von zehn Minuten 16 Züge in den Kopfbahnhof einfahren und ihn anschließend wieder verlassen.

Die 16 Bahnsteiggleise im Stuttgarter Kopfbahnhof ermöglichen die Verknüpfung von acht Linien in beiden Richtungen. Für die stündlich verkehrenden Regionallinien werden die acht Bahnsteige in den Gleisgruppen A und B benötigt. Statt der heute üblichen Bahnsteigwende könnten auch Linien durchgebunden werden, beispiels­weise von Heilbronn nach Tübingen. Die Züge des Fernverkehrs sind im 2-Stunden-Rhythmus vertaktet. Für die sechs durchgehenden und sechs endenden Linien werden die acht Gleise der Bahnsteiggruppe C und D genutzt. In der Haupt­verkehrs­zeit kann das Angebot durch eine Taktverdichtung beispielsweise zur halben Stunde verdoppelt werden. Damit kann der 16-gleisige Kopfbahnhof die Vernetzung der Fern- und Regionallinien im Sinne eines ITF problemlos bewältigen.

Kosten bzw. Wirtschaftlichkeit

Die Kosten der Umbaumaßnahmen sind in nebenstehender Tabelle aufgeführt und summieren sich insgesamt auf 350 Mio. Euro incl. Planungskosten und Risiko­zuschläge. Im Einzelnen ergeben sich folgende Kosten:

  1. Für den Bau zweier Gleise von Bad Cannstatt zum Hauptbahnhof mit Neckar­brücke und neuem Rosensteintunnel: 91 Mio. Euro
  2. Für die Neuordnung der Gleise im Fernverkehr (Gleisgruppe C und D): 68 Mio.
  3. Für die Neuordnung der Gleise im Regionalverkehr (Gleisgruppe A und B): 35 Mio.
  4. Für die Renovierung der Bahnhofsgebäude (Bahnhofshalle und Bahnsteig­unterführung: 92 Mio.
  5. Für die Anpassung des Signalsystems: 64 Mio.

Günstig für die Baukosten wirken sich die vielen Freiflächen durch den Rückbau von nicht mehr benötigten Rangiergleisen aus. Die Um- und Neubauten lassen sich vielfach neben den vorhandenen Bahngleisen und damit mit relativ geringen Störungen des Bahnbetriebs durchführen. Jede Maßnahme bewirkt für sich einen qualitativen Vorteil und lässt sich entsprechend der Verkehrsentwicklung und der Finanzierungspläne sukzessive durchführen. Eine Vorfinanzierung durch Dritte ist nicht notwendig.

Zusammenfassung

Neues Entrée
Abb. 12: Neues Entrée

Die Ausführungen zeigen, dass Kopfbahnhöfe keine Hindernisse im Bahnbetrieb sein müssen. Bei entsprechender konstruktiver Gestaltung der Gleis­anlagen lassen sich erhebliche Leistungs­steigerungen erzielen. Mit dem Konzept „Kopfbahnhof 21“ konnte der Nachweis erbracht werden, dass die Modernisierung des Stuttgarter Kopfbahnhofs zu einem leistungsfähigen Bahnhof möglich ist. Dieser Bahnhof ist in der Lage, das prognostizierte Verkehrsaufkommen für das Jahr 2015 zu bewältigen. Das Konzept geht weit über die Modernisierungspläne der DB Ende der neunziger Jahre hinaus.

Mit relativ geringem Aufwand kann der bestehende Bahnhof zu einem leistungs­fähigen Knotenbahnhof in einem Integralen Taktfahrplan ausgebaut werden. Aufgrund seiner hohen Bahnsteigkapazität ist auch die Erweiterung zu einem ITF-Vollknoten möglich.

Der modernisierte Kopfbahnhof ist in der Lage, sämtliche Anforderungen an einen zukünftigen Bahnbetrieb, soweit diese heute erkennbar sind, zu erfüllen. Aus heutiger Sicht wird die Leistungsgrenze des modernisierten Kopfbahnhofs auch in den nächsten Jahrzehnten nicht erreicht. Die Modernisierung ist daher nicht nur kostengünstiger, sondern auch uneingeschränkt nachhaltig.

Ein großer Vorzug der Modernisierung ist die hohe betriebliche Flexibilität sowohl für durchgehende als auch für endende Züge. Für die Kunden der Bahn kann der Kopf­bahnhof mit seiner großzügigen Raumgestaltung, seiner guten Übersichtlichkeit über die Gleise und dem bequemen Umsteigen auf einer Ebene erhalten bleiben. Wegen der Vielzahl der zu verknüpfenden Linien ist für Stuttgart ein modernisierter 16-gleisiger Kopfbahnhof einem nur noch achtgleisigen Durchgangsbahnhof eindeutig vorzuziehen.

Klaus Arnoldi