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Dr. Brigitte Dahlbender, Vorsitzende des BUND-Landesverbands

Liebe Leserinnen und Leser,

immer wieder werden wir gefragt, warum wir Umweltschützer gegen Stuttgart 21 sind, obwohl wir doch für den Ausbau der Bahn und für die Verlagerung des Ver­kehrs auf die Schiene eintreten? Die Antwort ist denkbar einfach: Weil Stuttgart 21 den Schienenverkehr nicht verbessert, wie in offiziellen Werbebroschüren be­haup­tet, sondern einen Rückschritt für den Bahnverkehr im ganzen Land bedeutet. Der Stuttgarter Hauptbahnhof ist einer der wichtigsten Bahnknoten Süddeutschlands. Mit Stuttgart 21 wird er aufgrund der wenigen Bahnsteige und Tunnelgleise zum Nadelöhr. Gutachten bestätigen den BUND: Stuttgart 21 kann nur funktionieren, wenn der Zugverkehr reibungslos, ohne Störungen und Verspätungen verläuft – also unter realitätsfernen Bedingungen. Darüber hinaus ist ein Integraler Takt­fahrplan mit guten Anschlüssen aus allen und in alle Richtungen mit kurzen Umsteige­zeiten im geplanten „Kellerbahnhof Stuttgart 21“ nicht umsetzbar. Die Anzahl der Züge kann damit kaum erhöht werden, um mehr Verkehr von der Straße auf die Schiene zu verlagern. Die viel gepriesenen kürzeren Fahrzeiten sind keine Folge von Stuttgart 21, die Verbesserung bewirkt allein die geplante Neubaustrecke zwischen Wendlingen und Ulm. Diese ist auch für den BUND unverzichtbar – und völlig unabhängig von dem geplanten Kellerbahnhof Stuttgart 21 zu realisieren, wie das in unserer Broschüre vorgelegte Konzept beweist.

Die Schweiz hat in eine Flächenbahn für alle Regionen investiert, das erfolgreiche Projekt „Bahn 2000“ gilt europaweit als zukunftsweisend. Doch Baden-Württemberg legt mehr Wert auf ein Prestigeobjekt in Stuttgart, das Milliarden Euro verschlingt und Investitionen in eine regionale Flächenbahn verhindert. Der Tunnelwahn im Stuttgarter Talkessel bindet für viele Jahre enorme Summen an öffentlichen Geldern, die eigentlich für Schienenverkehrsprojekte in ganz Baden-Württemberg vorgesehen sind. So hat sich das Land verpflichtet, eine halbe Milliarde Euro aus Nah­verkehrs­mitteln für Stuttgart 21 bereitzustellen: über 200 Mio. Euro aus Landesmitteln des Gemeinde-Verkehrs-Finanzierungs-Gesetzes (GVFG), 179 Mio. Euro nach dem Bundes­schienenwegeausbaugesetz und über 100 Mio. Euro aus den Regio­nali­sierungsmitteln für den Schienenpersonen- Nahverkehr. Das bedeutet das Ende bzw. eine jahrelange Verzögerung der Modernisierung des Nahverkehrs in allen anderen Landesteilen, zum Beispiel für den Ausbau der Straßenbahnen in Heilbronn, Freiburg oder Ulm, für die Erweiterung der S-Bahnen Rhein- Neckar und Stuttgart oder neue Stadtbahnen.

Obwohl bereits heute Nahverkehrsangebote im Land gestrichen oder reduziert werden müssen, will die Landesregierung mit dem Prestigeobjekt riesige Summen buchstäblich vergraben. Deshalb hat der BUND die Notbremse gezogen und beim Verwaltungsgerichtshof Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss eingereicht. Dadurch will der BUND den „Kellerbahnhof“ verhindern und die kostengünstige, zukunftssichere Modernisierung des Kopfbahnhofes erreichen.

Dr. Brigitte Dahlbender
Vorsitzende des BUND-Landesverbands
Baden-Württemberg

Matthias Lieb, 1. Vorsitzender des VCD Landesverbands Baden-Württemberg e.V.

Matthias Lieb Liebe Leserinnen und Leser,

als vor 100 Jahren der damalige Stuttgarter Haupt­bahnhof an seine Kapazitäts­grenzen gelangt war, bewegte die Diskussion um einen neuen Durchgangs- oder Kopfbahnhof viele Jahre die Gemüter. Nach verschiedenen Entwürfen für einen Durchgangsbahnhof entschieden sich Stadt und Königlich Württembergische Staats­eisenbahn für den neuen Hauptbahnhof als Kopfbahnhof – Hauptargument war, dass die Mehrzahl der Fahrgäste Stuttgart als Ziel hatte.

Auch jetzt liegen wieder Vorschläge für einen Durchgangsbahnhof auf dem Tisch, die besonders auf den Durchgangsverkehr abzielen. Seit der Vorlage der ersten Pläne 1994 wurde jedoch der Fernverkehr der Deutschen Bahn ausgedünnt; die Fahrgast­zahlen sind in diesem Marktsegment gesunken.

Gleichzeitig erfuhr der Nahverkehr durch mehr Züge auf bestehenden Strecken eine große Aufwertung mit deutlich steigenden Fahrgastzahlen. Deshalb gilt wie vor 100 Jahren, dass der Stuttgarter Hauptbahnhof für die Mehrzahl der Fahrgäste Start oder Zielpunkt – aber nicht Durchgangsstation ist.

Zur weiteren Ertüchtigung dieses nunmehr rund 90 Jahre alten Bahnhofs legen BUND und VCD hiermit eine Planung für den Kopfbahnhof des 21. Jahrhunderts vor, der den damals modernsten Bahnhof des Dampflokzeitalters an die Erfordernisse des neuzeitlichen Fern- und Regionalverkehrs anpasst und damit Vergangenheit und Moderne verknüpft. Zudem können die vorgeschlagenen Baumaßnahmen stufen­weise umgesetzt werden und bringen jeweils für sich schon einen verkehrlichen Nutzen.

Bescheidenheit und Sparsamkeit sind schwäbische Tugenden, die nicht nur früher Richtschnur für die Württembergischen Staatseisenbahnen waren, sondern auch heute wieder für das Projekt „Bahnhof Stuttgart“ gelten sollten. Unter dem Motto „Intelligenz statt Beton“ bietet der „Kopfbahnhof 21“ ein ausgetüfteltes Konzept zur Einsparung mehrerer Milliarden Euro im Vergleich zum Tunnelbahnhof und ermöglicht so Perspektiven für den weiteren Ausbau des Schienenverkehrs angesichts großer Haushaltslöcher bei Bund und Land. Die so eingesparten Mittel könnten für ein Bahn­projekt „Baden-Württemberg 21“, das den Erhalt und intelligenten Ausbau zahl­reicher Schienenstrecken im ganzen Land vorsieht, verwendet werden.

Sicherstellung der Mobilität angesichts von Feinstaubdebatte und Ölpreisrisiken erfordert einen neuen Ansatz in der Verkehrspolitik. Erwiesenermaßen ist der Bahn­verkehr ressourcenschonend und nachhaltig. Durch den Umbau anstatt des Neu­baues wird sowohl die Umwelt als auch die Staatskasse nachhaltig entlastet.

Dies alles spricht für das Konzept „Kopfbahnhof 21“, das wir Ihnen in dieser Broschüre vorstellen.

Matthias Lieb
1. Vorsitzender des VCD Landesverbands
Baden-Württemberg e.V.